Messbarkeit und Ziele

Messbarkeit und klare Zielsetzungen bringen nicht nur Sportler weiter. Auch im Verkauf sind diese Aspekte zentral. Denn das Messen der eigenen Leistung und die Analyse der Resultate ermöglichen zwei zentrale Dinge. Erstens, eine objektive Bestandesaufnahme auf der Basis von Fakten, ohne das oft trügerische, tagesabhängige subjektive Bauchgefühl. Und zweitens, daraus die richtigen Massnahmen abzuleiten und umzusetzen. Deren Fortschritt kann dann nach einer bestimmten Zeit erneut auf ihre Wirksamkeit geprüft und weitere Massnahmen eingeleitet werden. Nur so können wir Leistung nachhaltig erhöhen. Im Sport und im Verkauf.

In meinem Beruf als Verkaufstrainer erlebe ich zu oft, dass sich Verkäufer – in diesem Falle nenne ich sie “Prisoners of Hope” – die Situation schön reden, die Realität verwischen und sich damit der Chance berauben, sich gezielt weiter zu entwickeln. Kritik ist unangenehm. Die an uns selbst sowieso. Wer lässt schon gerne die Hosen runter?

Ende Oktober habe ich das bei Training & Diagnostic in Zürich getan. Wortwörtlich. In Rad- und Laufbekleidung habe ich mich zweimal auf den Prüfstand gestellt. Sportler nennen das einen Leistungstest, eine Bestandsaufnahme meiner physischen Verfassung und Leistungsfähigkeit. Gleich vorweg, die Resultate waren schlecht. Massiv schlechter als meine Verkaufszahlen. Aber vielleicht liegt da ja auch der Hund begraben. Zum ersten Mal Rückschritt. Liegt es daran, dass ich als Nachzügler im Ausdauersport DEN Plafond erreicht habe, wo echter Fortschritt nur noch durch besonders harte Arbeit einstellt? Oder habe ich etwa schon meinen Alterszenit überschritten? Was bedeuten würde, dass meine Midlife-crisis nun definitiv hinter mir liegt?

Wenn ich ehrlich bin – alles kein Thema. Der Grund ist ganz einfach. Ich habe fast alle meine Wettkämpfe in diesem Jahr abgesagt oder verschoben. Auf gut Deutsch habe ich mich meiner Herausforderungen bestohlen. Die Notwendigkeit, mich aus der Komfortzone heraus zu bewegen fehlte komplett. Sehr zur Freude meines inneren Schweinehundes. Der entspannte Körperzustand fühlte sich zwar bis zum Test gut an, danach aber eher beängstigend bis beschämend.

Noch schlimmer. Nebst der Leistungsmessung auf Fahrrad und Laufband haben wir mit Hilfe des DXA-Scans auch meine „Körperzusammensetzung“ gemessen. Und zwar präzise. Die statistisch ermittelten Werte meiner high-tech Wellnesswaage waren zwar schmeichelnd aber wie sich herausstellte weit entfernt von der Realität.

Damit ich die Gänge nun wieder reinkriege mussten einmal mehr neue Ziele her. Und zwar solche, die mich dazu zwingen die Komfortzone zu verlassen. Und zwar heute schon. Handlungsnotstand ist nach wie vor die beste Motivation. Nur so gelingt es mir, mich definitiv vom inneren Schweinehund zu verabschieden.

In Absprache mit den Profis bei Training & Diagnostic haben wir zwei Dinge angeschaut:

  1. Wieviel Zeit bleibt mir bis zu den Saisonzielen 2016?
    Bis zum ersten Trainingswettkampf anfangs März in Irland will ich die Basis gelegt haben. Meine Saisonziele folgen dann Ende Juni, Mitte August und anfangs September, so dass noch genug Zeit bleibt, mich optimal auf diese vorzubereiten. Allesamt sind lange Ausdauerwettkämpfe mit mehreren Disziplinen. Was die Sache nicht viel einfacher macht, den Druck zum Training aber mächtig erhöht.
  2. Wo liegen die Defizite hinsichtlich dieser Ziele?
    Zurück zu meinen Defiziten hinsichtlich meiner Ziele im kommenden Jahr. Sie liegen an zwei wesentlichen Stellen. Erstens muss ich meine Fettverbrennung weiter optimieren, so dass ich auf den teilweise endlos langen und kalten Rennstrecken meine grössten Energiereserven anzapfen kann. Das muss der Körper aber lernen. Und zweitens, die maximale Sauerstoffaufnahme muss rauf. Das heisst, der Körper soll auch unter starker Belastung in der Lage sein, möglichst viel Sauerstoff aufzunehmen.
  3. Wie sieht die wöchentliche Umsetzung aus?
    Nur Ehrlichkeit mir selbst gegenüber bringt mich hier weiter. In den nächsten Monaten definiert wohl definitiv der Weg das Ziel und nicht umgekehrt. Runtergebrochen auf meine Trainingswoche bedeutet das rund 10 Stunden, nach Möglichkeit und situativ auch mehr. Das erarbeitete Konzept musste einfach und gut einplanbar sein. Wo weniger Zeit zur Verfügung steht, muss das Training effizienter werden, die Wirkung ähnlich hoch sein. Im wesentlichen stehen mir jetzt drei Module zur Verfügung:
  • täglich eine kurze Rumpfeinheit gefolgt von einem frühmorgendlichen Nüchterntraining im Grundlagenbereich
  • zwei bis drei Mal ein abendliches Krafttraining (oder über Mittag)
  • lange Ausdauereinheit am Wochenende
  • Alle drei Wochen steht der Plan während der HIIT-Woche (High Intensity Interval Training) Kopf. Das ist quasi die Ausverkaufs-Woche, da wird in harten Intervall alles gegeben und der Körper dabei gezwungen, insbesondere in harten Situationen die Sauerstoffaufnahme zu optimieren. Ein klein wenig könnte man das mit den Commercial Days oder Calling Days einiger Kunden vergleichen. Tage oder Stunden, an denen Teufel komm raus telefoniert wird.

 

Gibt es daraus einen Transfer in die Verkaufspraxis?

Ein Kunde sagte nach einer Workshopreihe folgendes zu mir: „Herr Utz, das was sie da machen ist keine Rocket Science. Und eigentlich haben wir das bisher in der einen oder anderen Form auch schon gemacht. Aber ich sehe zwei Erfolgsfaktoren. Erstens, wir müssen sicherstellen, dass wir es tun. Und zwar konsequent und strukturiert. Und zweitens, es gibt einige Hebel, mit denen wir den Wirkungsgrad gezielt erhöhen können.“ Recht hat er. Deshalb gilt abgeleitet aus obigen Sporterfahrungen:

  • Bewusst gemeinsam die Komfortzone definieren und verlassen
  • Ambitiöse aber realistische Ziele setzen
  • Den Druck auf vernünftigem Niveau konstant halten
  • Den Weg gemeinsam definieren und wo notwendig gezielt Unterstützung bieten – vor allem auch externe von einem Profi
  • Tägliche Aktivitäten festlegen, einplanen und einfordern
  • Und ganz wichtig: Aktivitäten und Fortschritt messen

Ich werde bei Training und Diagnostic am 22. Januar ein weiteres Mal einen Leistungstest machen, um meinen Fortschritt zu messen. Ist keine Leistungssteigerung messbar, dann liegt es daran, dass ich nicht getan habe, was wir vereinbart haben. Denn die Trainingsimpulse und -pläne sind erste Klasse. Das Ziel wird dann noch näher liegen und die verfügbare Zeit noch knapper sein. Und da ist sie wieder, die Messbarkeit und die Notwendigkeit zu handeln.

In den nächsten Wochen werde ich über die eine oder andere unkonventionelle Trainingseinheit, meinen Kampf mit den inneren Widerständen und den aktuellen Zustand meiner Leistungsfähigkeit berichten. Nicht zuletzt auch als Motivation für all die, welche ab und zu eine Extramotivation brauchen. Quasi back to the roots von diesem Blog – als die Fortschritte noch gross waren 😉

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