Ich sitze im Zug von Lausanne nach Zürich und geniesse meine erste echte Blog-Schreib-Pause in der ich die Musse finde, mal wieder einige Gedanken aufzuschreiben. Begleitet von Leonard Cohen fliessen die Gedanken zu den turbulenten Tagen und Wochen. Wie ein Getriebener stürmte ich durch Juni und Juli und habe erst jetzt das Gefühl, langsam wieder Herr der Lage zu sein. Vor allem auch für die nächsten Wochen. Mein Ziel Kalmar loszulassen fiel mir nicht leicht. Die zwei Seelen in meiner Brust kämpften bis in die letzten Tage, als wir unsere Schwedenreise – Kalmar war nun auf der Durchfahrt und nicht mehr Aufenthaltsort – antraten. Aber die Entscheidung nicht zu starten war richtig. Auch wenn alles für ein schnelles Rennen gesprochen hätte (wenig Teilnehmer, flache Strecke), es wäre ein Fiasko geworden. Mental nicht auf dem Punkt, schlecht trainiert und vor allem hätte das Knie nicht mitgemacht. Noch nicht. In den Ferien hatte ich genug Zeit, über meine Situation und meine Ziele nachzudenken. Und auch wenn ich es ungern sage und wenn ich jetzt hier über Banalitäten spreche, der Fisch hatte recht mit der Aussage: „Wenn Du so ein Ding angehst, dann musst Du das auch beruflich besser einplanen.“ Ich war naiv genug, das nicht zu tun. Oder auch zu sehr von mir, meinem Ziel und meiner vermeintlichen Leistungsfähigkeit eingenommen. Was ich nebst Reflektieren in den Ferien auch gemacht habe, war laufen. Und zwar viel. Einfach nur mal wieder lange Läufe, teilweise kombiniert mit soliden Intervallen oder Steigerungsläufen. In Stockholm, im südschwedischen Wald, an der Südküste in Dünen und Feldstrassen und in Kopenhagen auf dem Laufband. Und es hält, das Knie. Am letzten Samstag dann die Feuerprobe: ein Trail-Long-Jog über 20km und 1300HM. Und es hält immer noch, das Knie. Dieser Lauf war enorm wichtig für mich, denn damit stimmts nun auch im Kopf. Eigentlich die wichtigste Sache in der aktuellen Situation. Mein Kopf ist und bleibt „mein Energiezentrum“. Also habe ich mich am Sonntag für Zofingen angemeldet und folge nun dem neuen Trainingsplan in Richtung Zofingen. Mehr oder weniger. Denn die letzten drei Tage war meine einzige sportliche Tätigkeit ein kurzer Spaziergang vom Bahnhof zum Hotel und zurück. Nun denn, ab morgen wird nach Plan gearbeitet. Es bleiben noch 17 Tage mit eingeplanter Trainingszeit bzw. Taperwoche bis Zofingen. 17 Tage die nun ganz strickt in erster Linie dem Sport gehören. Und dann heisst es am 4. September bergwärts starten, strampeln, leiden, geniessen, finishen. Wenn schon nicht Kalmar, dann Zofingen. Einfach deshalb, weil ich eigentlich fast ein Jahr auf ein Saisonziel hingearbeitet habe, das ich noch nicht einmal anpacken konnte bzw. wollte. Ich glaube das mit den ambitiösen Zielen an sich ist richtig. Wir brauchen sie. Sonst entsteht kein Druck und die Gefahr droht, dass unser Training und unsere Anstrengungen keinen Sinn machen oder dass wir halt einfach nur „ein wenig trainieren“. Andererseits muss ich einen Weg finden, wie ich flexibel auf äussere Einflüsse reagieren und gute Ersatzziele finden kann. Oder vielleicht wäre es besser, sich kleinere, dafür gleich mehrere Ziele zu setzen. Also nicht alles auf eine Karte zu setzen. Wie singt Cohen so schön? „First we take Manhattan, then we take Berlin. I‘m guided by a signal in the heaven. I‘m guided by this birthmark on my skin. I‘m guided by the beauty of our weapons.“ Über die Bedeutung dieser Zeilen rätseln seit Jahren viele. Aber eigentlich passen sie doch auch ganz gut zu uns Triathleten, oder? So, und nach diesen besinnlichen Zeilen muss ich nun noch etwas Erheiterndes schreiben. Ich bin erst in Bern. Es bleibt also noch eine weitere Stunde. Diesmal mit Manfred Manns Earth Band mixed by the Disco Boys. Da heisst es: „… you gotta look hard, wounded deep in battle …“