Der mit den Alten schwimmt

Seit vielen Wochen gehe ich immer sonntags ins Schwimmbad trainieren. Die beste Zeit ist 9 Uhr. Genauer gesagt 8.55 Uhr. Denn bereits vor 9 Uhr sitzen sie alle schon da auf dem Bänkchen neben dem Kaffeeautomat: das Manatee, die Diva, der Kleine und der Unscheinbare. Ein schwimmendes Quartett aus dem Altersheim Langnau. Und seit gut 3 oder 4 Wochen ist das noch die Schnelle.

Das Drehrad wird um genau 9 Uhr automatisch per Zeitschaltuhr freigeschaltet. Das Problem ist aber, dass die Zeituhr im Drehrad (mit Hauptcomputer verbunden) nicht gleichgeschaltet ist mit der offiziellen Hallenbaduhr, wenige Meter darüber. Deshalb muss immer eine von den Fünfen am Drehrad Wache stehen und sofort einchecken, so dass die restlichen vier dann schnellst möglich in die Garderobe können. Offensichtlich eine Aufgabe für die Ladies, die allesamt fiter sind als die Herren.

In der Regel stelle ich mich hinter die Schnelle. Denn sie übernimmt für die Gruppe jeweils diese äusserst nervenaufreibende Aufgabe. Dabei muss der Blick auf das Display am Drehrad fokussiert sein, so dass unmittelbar nach dem Freischalten der Sturm aufs Stille Nass beginnen kann. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wenn die Wachhabende dies nicht genau so tun würde, dass die Meute entsprechende Instruktionen gäbe. Seit ich mir vor wenigen Wochen erlaubt habe, mich selbst direkt ans Drehrad zu stellen – also vor der Schnellen – scheint die Gruppe sichtlich nervös zu werden, sobald ich den Eingangsbereich des Hallenbads betrete. Dies hat bewirkt, dass die Schnelle noch schneller wurde.

Die Schnelle:
Ich würde mal vermuten, dass diese Dame ihr Schwimmzeug bereits unter den normalen Kleidern trägt. Sicherlich ist sie auch bereits zu Hause auf die Toilette gegangen, so dass sie keine Zeit verliert auf dem Weg zur Dusche und zum Becken. Sofern man hier überhaupt von Dusche sprechen kann. Erst einmal ist es mir gelungen, sie zu schlagen. Und ehrlich gesagt hatte ich damals auch bereits die Badehosen an. Wenn wir beide dann im Becken sind – die Schnelle und ich – kommen die anderen langsam dazu. Sie alle laufen nicht mehr so gut, geben sich aber noch immer den Ruck, am Sonntag eine halbe Stunde zu schwimmen. Auch spannend ist der Schwimmstil der Schnellen. Denn im Wasser wird sie zur Treibenden. Rücklings treibt sie rauf und runter, beeindruckend ökonomisch.

Der Kleine:
Sein Gang erinnert mich an die Urzeitmenschen. Er läuft langsam und seine Augen haben in etwa den gleichen Blickwinkel, wie meine in aggressiver Aeroposition. Ab und zu beginnt der Kleine dann seine wenigen Runden mit einem Sprung vom Böckli. Mutig, mutig.

Das Manatee:
Ich denke, dass Manatee eine andere – wichtigere – Aufgabe hat. Sie ist vermutlich im Altersheim für die Wache an der Speisesaal-Türe verantwortlich. Zumindest lässt ihr gut genährter Körper dies vermuten. Und der zweite Grund, weshalb sie sich diesen Namen verdient hat, ist ihre Schwimmtechnik. Ruhig, mit viel Auftrieb treibt sie von Beckenrand zu Beckenrand und … ja, jetzt kommts … macht alle 50m einige Klimmzüge am Böckli. Eine starke und dominante Persönlichkeit.

Der Unscheinbare:
Er ist ruhig. Sehr ruhig. Eigentlich der Typ Mensch, den man – durchaus im positiven Sinne – kaum wahrnimmt. Aber er ist ein guter Beobachter und geniesst nach jeder Länge den Ausblick auf die Bahnen. Heute habe ich ihm erklärt, wofür man die Paddles braucht.

Nun denn, wir haben 4 Bahnen in Langnau. Glücklicherweise ist in der Mitte des Beckens eine Kette eingezogen, so dass zumindest aus der mittlersten Bahn eine zweite entsteht. Aber der aufmerksame Leser kann sich sicher vorstellen, wie das Becken aussieht, wenn alle im Wasser sind. Und heute gesellten sich noch zwei plappernde Weiber – sorry, aber der Ausdruck musste sein – zu uns. Sie brachte es tatsächlich fertig, wie an langes Stück Treibholz quer durch die “Menge” zu schwimmen. Zu deren optimaler Unterhaltung gönnte ich mir den All Outs immer die direkteste Linie von A nach B.

Und damit sind wir noch beim letzten Punkt. Wie organisiert man ein Hallenbad so, dass ALLE ihren Spass haben können? Dazu eine kurze Anmerkung aus Portugal. Dem Land, das – aufgrund unserer persönlichen Erfahrung – sicher nicht für sein Organisationstalent bekannt ist. Aber das Hallenbad hatten die im Griff. Erstens: Jede Bahn ist durch Ketten abgegrenzt. Zweitens: Ein Bademeister teilt die Bahnen zu und überwacht die Schwimmenden. Drittens: Unachtsame Schwimmer werden auf ihr Fehlverhalten hingewiesen. Viertens: Schnelle Schwimmer erhalten eine eigene Bahn oder können auf schnellere Bahnen umsteigen.

Ich freue mich auf den See und die Strecke von der Badi Kilchberg seeaufwärts in Richtung Horgen.

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